Gemeindeinfo - Geschichte
Tag
des offenen Denkmals am 14. September 2003
Geschichte(n)
rund um die Burg Wersau
Burg
Wersau 1548
Mit der Burg Wersau
fing alles an
Beim
Blick in die Geschichte der Gemeinde Reilingen, fällt auf, dass das Schicksal
des Dorfes und auch der ganzen Umgebung von der Burg Wersau geprägt wurde.
Schon 1286, als "Villa Reitling" zum ersten Mal urkundlich im Lorscher
Codex erwähnt wurde, lag die Gemarkung im Grenzgebiet der beiden alten Königsforste
Lußhardt und Schwetzinger Hardt. Die Lußhardt, also die Wälder, die sich bis
zum fränkischen Königshof in Bruchsal erstreckten, war bereits 1056 durch König
Heinrich III. dem Bistum Speyer geschenkt worden. Nur sieben Jahre später
erweiterte Heinrich IV. den bischöflichen Waldbesitz um die heutige
Schwetzinger Hardt.
Aus
alten Dokumenten weiß man, dass bereits die Könige an der Kraichbach eine Burg
besaßen, die "Walsrhawe" genannt wurde. Daraus entwickelte sich in
den Jahren der Begriff Burg Wersau. Diese stand an der Stelle der heutigen
Schlossmühle und lebt als Namen im benachbarten Wersauer Hof weiter.
Die
gut befestigte Burganlage hatte damals die Aufgabe, die umliegenden Wälder und
die Verkehrswege zu sichern. Zum Herrschaftsbereich gehörten die Dörfer
Reilingen und Hockenheim sowie für kurze Zeit auch Oftersheim und St. Leon. Da
es an genauen Unterlagen aus dieser Zeit fehlt, gehen die Historiker heute davon
aus, dass die Dörfer und die Burg mit der Schenkung der Wälder an die Speyerer
Bischöfe kamen. Das Bistum setzte dann dort zur Verwaltung ein
Ministerialengeschlecht ein, die Schenken von Wersau. Als Erster von ihnen wurde
bereits um 1155 ein Dietrich als Schenk des Hochstifts noch ohne den Bezug zu
Wersau genannt.
Wegeplan
um 1200
1198 wird
Eberhard,
der Sohn des Schenken von Hockenheim, erwähnt und erst 1236 gab es dann einen
Schenk von Wersau. Von dieser Zeit an werden die Schenken in den Urkunden immer
unter dem Namen ihrer Burg genannt und galten als Speyerer Dienstleute. Im
Dunkel der Geschichte wechselte der Besitz an Burg Wersau an die Schenken, denn
1286 ist zu lesen, dass Eberhard von Wersau die Hälfte seiner Burg an den
Bischof von Speyer wieder verkaufte. Da dieser das Geld nicht zur Verfügung
hatte, gab er seinen Erwerb als Pfand an den Pfalzgrafen Ludwig II. weiter, der
bereits die andere Burghälfte von Markward von Krobsberg und den Brüdern von
Erligheim (alles Verwandte der Wersauer Schenken) gekauft hatte. Als Zubehör
zur Burganlage wurden auch die Dörfer Reilingen und Hockenheim wieder genannt.
Wersau
1613
Obwohl
sie als Lehen des Bistums Speyer galt, diente die Herrschaft Wersau den
Pfalzgrafen immer wieder als Pfandobjekt und wurde zur Verschreibung als
Witwengut genutzt.
Wersau
1618
Die
Pfandnehmer wechselten meist sehr rasch und aus einem Wittumsbrief (Witwenbrief)
ist 1386 zu lesen, dass die Schwetzinger Hardt von der Herrschaft Wersau
abgetrennt wurde. Unter anderem gehörte der Besitz auch Königin Elisabeth, der
Gemahlin Rupprechts III., als Witwen-gut (eine Art Alters- und
Lebensversicherung zur damaligen Zeit).
Wersau
1618
In der pfälzischen
Landesteilung kam die Burg mit all ihrem Besitz an die Linie Pfalz-Mosbach
der Wittelsbacher. Herzog Otto verschrieb Wersau 1429 seiner Gemahlin Johanna
von Bayern, die die Burg und die Dörfer später Stephan von
Pfalz-Simmern-Zweibrücken verpfändete. Erst nach der Schlacht von
Seckenheim (1462) kam die Herrschaft Wersau endgültig in den Besitz der immer mächtiger
werdenden pfälzischen Kurfürsten.
Nach
wechselvoller Geschichte standen am Ende des 30-jährigen Krieges von Wersau nur
noch einige Mauern, Kellergewölbe, Stallungen und ein baufälliger Turm mit
alten Glocken. Die Ruine wurde nochmals notdürftig instandgesetzt und diente über
längere Zeit hinweg den Kurfürsten als Jagdschloss. Vor allem im Herbst
herrschte auf und um Wersau ein buntes Treiben, denn die kurfürstlichen
Hirschjagden galten als gesellschaftliches Ereignis. Während die männlichen
Einwohner Reilingens und Hockenheims als Treiber zum Dienst verpflichtet waren,
mussten die Frauen der Dörfer bis zu 600 Mahlzeiten für die Jagdgesellschaften
herrichten.
Lageplan
1690
Das
Schloss war, nimmt man einen Plan aus der Zeit um 1690 zu Hilfe, eine ovale
Anlage, deren maroden Außenmauern durch Strebepfeiler gestützt wurden. Im pfälzisch-orleanischen
Erbfolgekrieg wurde das Schloss 1689 zerstört.
Wersau
1675
Auch
die inzwischen beim Schloss eingerichtete Mühle brannte bis auf die Grundmauern
ab. Die Gebäudereste ließ man verfallen und 1764 erhielt Reilingen einen Teil
des Gemäuers als Steinbruch zurück. Aus diesen Steinen wurde u.a. eine
Friedhofsmauer gebaut, diese aber auch zum Teil für den Bau der ersten
steinernen Kraichbachbrücke durch den kurfürstlichen Baumeister Rabaliatti in
Hockenheim.
Wersau
war zu seiner Blütezeit eine stattliche Burg mit Ringmauer, einem Palas, zwei
großen Türmen und zahlreichen weiteren Gebäuden. Mit Vorburg, Mühle, Kapelle
und Schafhof gehörten so 24 oder mehr Gebäude zu dieser Anlage. Die gesamte
Burganlage war von Wassergräben umgeben.
Plan
von 1776
Von der ganzen Burg- und
Schlossanlage ist heute fast nichts mehr zu sehen. Lediglich ein Gewölbekeller
und ein alter Tiefbrunnen erinnern an die Burg. Besonders spannend ist es aber,
einmal mit einem Flugzeug über die ehemalige Burg Wersau zu fliegen. Je nach
Stand der Sonne kann man den früheren Verlauf der Burganlage erahnen, was auch
Fotos der Luftbildarchäologie bestätigen.
Das Schlossgut umfasste
1686 eine bebaubare Fläche von 154 Morgen Ackerland und 30 Morgen Wiesen in der
Ketschau.
Wersauer
Hof
Gegen
Ende des 17. Jahrhunderts wurde für die Landwirtschaft und Schäferei östlich
vom Schloss ein Hofgut errichtet, das zunächst unter kurpfälzischer Verwaltung
stand. Später wurde es von Schwetzingen aus verwaltet und lediglich ein
herrschaftlicher Wiesenknecht war noch in
Alte
Stallung des Wersauer Hofes mit dem Reilinger Nachtwächter (rechts zu erkennen)
Reilingen
eingesetzt. Nach der Auflösung des Herrschaftsbesitzes war der Wersauer Hof zunächst
in bäuerlichem Eigentum. Um die Wende zum 20. Jahrhundert übernahmen die
Freiherren von Wamboldt das Hofgut, das schließlich 1927 an die evangelische
Pflege Schönau verkauft wurde. In deren Besitz ist die Hofanlage noch heute.
Die
Karte von 1828 zeigt den Raum Hockenheim/Reilingen mit dem damals noch
bestehenden Biblis-Wald
Auf
dieser Karte ist die geografische Struktur der Region gut zu erkennen. Der alte
Verlauf der Kraichbach ebenso wie die Wälder und Altrheinarme
Reilinger
Nachtwächter um 1850
©
Freunde Reilinger Geschichte 2003
Text:
Otmar A. Geiger
Fotos+Karten:
Archivbestand
Ehemalige
Burg Wersau / Schloßmühle
Auf
dem Gelände der Wasserburg stand mindestens seit dem 17. Jahrhundert eine
Mühle. Der heutige Baubestand ist im wesentlichen vom 1911. Die
Betriebseinstellung war 1959. Das Hauptgebäude wird von einer Großhandelsfirma
genutzt. Das Maschinenhaus mit Schornstein ist noch erhalten.
Die
Existenz der Burg Wersau ist seit 1155 belegt, sie dürfte jedoch um einiges
älter und ehemaliger Königsbesitz sein. Genauere Aussagen zur Frühgeschichte
der Burg lassen allerdings nur die archäologischen Zeugnisse erwarten. Die Burg
wurde 1622 und 1689 zerstört und damals als Steinbruch genutzt.
Die
Mühle bei der Burg ist von 1596 an belegt, bestand wohl aber schon länger. Die
Reste der Mühle und der Burg sind als wertvolle Geschichtszeugnisse zu werten.
Sie bilden zusammen mit der heutigen sg. Schoßmühle ein Denkmal, dessen
Erhaltung aus wissenschaftlichen und heimatgeschichtlichen Gründen im
öffentlichem Interesse steht.
(aus:
Beschreibung der Kulturdenkmale, Landesdenkmalamt Baden-Württemberg)
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