Die Gemeinde schaut zurück
Das Gemeindegeschehen im Jahr 1996 - Langbericht
[Online seit 30.12.2020]
Jahresrückblick 1996
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren!
Wieder trennen uns nur wenige Tage vom kalendarischen Ende eines Jahres voller großer Herausforderungen. Ein Jahr das wirtschaftspolitisch gesehen zwar in einigen Branchen, besonders der Hochtechnologie, Anzeichen einer Verbesserung der Konjunkturlage erkennen ließ. In anderen Bereichen waren aber die weltweite Strukturänderung und die damit im Inland wie im Ausland verbundenen konjunkturellen Schwächen unübersehbar. Bedrückend ist insbesondere die stetig ansteigende Zahl von Arbeitslosen, Insolvenzen von Betrieben und der damit unvermeidbar verbundene Rückgang von Steuereinahmen bei Bund, Ländern und Gemeinden. Insbesondere die Gemeinden die schon immer eine geringe eigene Steuerkraft hatten und vom Finanzausgleich der Länder wie auch zwischen den Städten und Gemeinden abhängig waren, sind wieder die Leidtragenden.
Alle Anstrengungen bei Gewerbegebietsausweisung und Betriebsansiedlunqen der vergangenen Jahre sowie die Verbesserungen der Infrastruktur und des Wohnwertes einer Gemeinde zahlen sich dann nicht mehr aus, wenn der Gesetzgeber auf Bundes- und Landesebene auf die zurückgehende eigene Steuerausstattung der’ Gemeinden keine Rücksicht nimmt und die Gemeinden letztlich von der Substanz leben müssen. Dass dabei kaum noch Investitionen ermöglicht werden, verschlimmert die Lage am Arbeitsmarkt noch und verringert weiter das Gesamtsteueraufkommen.
Für die Gemeinde Reilingen bedeutet dies im Jahre 1996, nach den derzeit vorliegenden Zahlen, einen Rückgang der Steuern und Finanzzuweisungen, im Vergleich zum Jahr 1995, in der Größenordnung von 944.000,-- DM. Für das Jahr 1997 ist nach gegenwärtigem Stand der Betrachtung. mit einem nochmaligen Rückgang um weitere ca. 300.000,-- DM zu rechnen. Dadurch ist ein Haushaltsausqleich trotz erheblicher Streichungen von Ausgaben und der rigorosen Handhabung von Einsparungen nicht mehr möglich.
Es bleibt nur zu hoffen, daß die Verantwortlichen in Staat und Wirtschaft, über Parteien- und eigennützige Gruppeninteressen hinweg, zum Wohle der Menschen in unserem Lande Ideen entwickeln und alsbald realisieren, insbesondere im Wertschöpfungsbereich, damit es nicht zu einem größeren gesamtwirtschaftlichen Niedergang mit unausbleiblichen Folgen auch für unser demokratisches, freiheitliches und soziales Gesellschaftssystem kommen wird.
Noch immer ist die Bundesrepublik Deutschland eine der weltweit führenden Wirtschaftsnationen und kann in einigen Sparten der Konkurrenz Paroli. bieten. Doch die ungeheuren Anstrengungen beim Aufbau der fünf neuen Bundesländer in der ehemaligen DDR und die Aufnahme und: Integration einer großen Anzahl von Spätaussiedlern aus der ehemaligen Sowjetunion sind eine nie gekannte und nie dagewesene Belastung für unser gesamtes soziales Netz. Es bleibt zu hoffen, daß auch die Industrie und Wirtschaft sich ihres Teils der Verantwortung im Lande bewußt wird, damit gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern als Arbeitnehmer, Rentner und Empfänger von Sozialleistungen die gegenwärtige Krise bald überwunden wird.
Nur dann wird es auch der Vielzahl der Gemeinden ebenfalls möglich sein, durch antizyklisches Verhalten einen Beitrag zu einem Wiederaufschwung zu leisten. Zuvor müßte jedoch der Rückgang des Steueranteils der Gemeinden am Gesamtfinanzaufkommen und die Kürzungen der Leistungen an die Gemeinden aufhören bzw. zurückgenommen werden.
Geschieht dies nicht, verzichtet man auf die dynamische Kraft und die Möglichkeiten der Gemeinden, auf breiter Ebene für mehr Beschäftigung zu sorgen.
Im zu Ende gehenden Jahr haben sich die Aktivitäten der Gemeinde Reilingen noch ungebrochen gezeigt. So konnten wir im Bereich des
Tiefbaus
mit der Erschließung des Wohnbaugebietes "Holzrott III" die erste Hälfte des Gewanns" Holzrott" der Wohnbebauung zuführen. Damit sind alle im Flächennutzungsplan des Jahres 1985 ausgewiesenen Flächen auf Gemarkung Reilingen (mit Ausnahme des südlichen Ortsrandes) ihrer Bestimmung zugeführt.
Zum Stichtag 18. November 1996 ist die vorläufige Besitzeinweisung erfolgt. Zuvor konnten sich die Grundstückseigentümer im Verlauf einer Offenlage über die geänderten Besitzstandsverhältnisse informieren.
Daran erkennt man aber auch, dass nicht zu viel und nicht zu wenig Bauflächen ausgewiesen waren, die Bauwilligen bedarfsgerecht zur Verfügung gestellt werden konnten. Es wird nun Aufgabe des nächsten Flächennutzungsplanes sein, der sich bis zum Jahr 2010 erstrecken wird, die in dieser Zeit benötigten Flächen auszuweisen und bereitzuhalten.
Weitere Tiefbaumaßnahmen waren die Umgestaltung des ehemaligen Rathausparkplatzes zum "freien Platz", wie er im Reilinger Volksmund früher hieß. Der neugestaltete Rathausplatz hat sowohl als Marktplatz wie auch Veranstaltungsraum zwischenzeitlich seine Bewährungsprobe bestanden. Gleichzeitig wurde eine neue Parkierungsfläche auf der Rückseite des Rathauses ausgebaut, und in diesen Tagen wird auch gegenüber dem Rathaus ein weiterer Parkplatz für 14 Pkws seiner Vollendung entgegengehen.
Für die jüngsten Einwohner wurde im Bürgerpark mit einem Aufwand von rund 100.000,-- DM eine Spielfläche neu eingerichtet, vorhandene umgestaltet sowie ein Aufenthaltsbereich für die Begleitpersonen (Eltern, Großeltern usw.) geschaffen.
Ein neuer Spielplatz entstand auch im Zuge der Erschließung des Baugebietes "Holzrott III".
Im Bereich des
Hochbaus
war das abgelaufene Jahr maßgeblich geprägt durch die Fertigstellung der Rathaussanierung und -erweiterung. Anlässlich des "Tages der offenen Tür", der landesweit auch als "Tag des offenen Denkmals" begangen wurde, konnte sich die Einwohnerschaft davon überzeugen, dass ihre Gemeinde über ein räumlich und technisch gut ausgestattetes Rathaus verfügt, das damit auch in der Lage sein wird, als moderner Dienstleistunqsbetrieb den Bürgerinnen und Burgern zu dienen.
An allen drei Ortseingängen wurden Informationstafeln errichtet, die Besuchern und Lieferanten die Orientierung erleichtern sollen. Auch das Angebot an Wartehäuschen für Busbenutzer wurde erweitert um eine überdachte Bushaltestelle am Rathaus. Eine gleichartige Wartehalle wird auf der gegenüberliegenden Straßenseite noch errichtet werden. Einige Bushaltestellen wurden auch mit Fahrradständern ausgestattet, um so das Umsteigen vom Fahrrad auf den Bus zu fördern.
Seniorentreff, Kindergarten, Schule
Hier wurden künftige Bauvorhaben der Gemeinde planerisch vorbereitet bzw. genehmigt. So liegt mittlerweile auch die Baugenehmigung für die Errichtung eines viergruppigen Kindergartens in der Schulstraße vor. Dieser Kindergarten soll die bestehende zweigruppige Einrichtung im Josefshaus ersetzen. In den Ietzten Sitzungen hat der Gemeinderat auch die Planungen für die Errichtung von betreuten altersfreundlichen Wohnungen begutachtet. Nach Klärung und Sicherstellung der Finanzierung, wird man an die Umsetzung dieser weiteren Objekte gehen können. Der Baubeginn sollte noch im Frühjahr 1997 liegen.
Die Seniorentreffs werden ab diesem Jahr übrigens ganzjährig und wöchentlich angeboten.
Die Erweiterungsabsichten unserer Grund-, Haupt- und Werkrealschule, der Friedrich-von-Schiller-Schule, wurden mit den Schulbehörden abgeklärt. Zwischenzeitlich liegt die Zusage bzw. Anerkennung für eine Erweiterung von rund 200 qm Schulfläche vor: Damit wird man jedoch erst beginnen können wenn
die Finanzierung gesichert ist und die Gemeinde nicht ausschließlich in Vorleistung treten muss.
Wie bereits zum Ausdruck gebracht, existiert in Reilingen eine Werkrealschule. Das bedeutet, dass gute Hauptschüler in Reilingen (vorausgesetzt es kommt eine. genügende Anzahl von Schülerinnen und Schülern aus Altlußheim, Neulußheim und Reilingen zusammen) im Rahmen eines 10. Schuljahres die mittlere Reife erlangen können.
Neben der Kernzeitbetreuung an unserer Schule wird im Schuljahr 96/97 erstmals auch ein "Hort an der Schule" angeboten, der in den Räumen der Kinder- und Jugendbegegnungsstätte im Franz-Riegler-Haus eingerichtet ist. Neben der Hausaufgabenbetreuung wird auch für ein warmes Mittagessen gesorgt.
Es bleibt zu hoffen und zu wünschen, dass dieser Kinderhort auch ausreichend frequentiert wird, damit er zur Dauereinrichtung in unserer Gemeinde werden kann.
Zurückschauend kann man feststellen, dass das Jahr 1996 trotz verschlechterter finanzieller Bedingungen wieder ein alles in allem zufriedenstellendes Jahr war. An der Schwelle zum Jahr 1997 solle man deshalb, wenn auch mit gedämpftem Optimismus, dennoch zuversichtlich sei.
Ausblick
gewagt werden. Im Sanierungsgebiet "Ortskern" wird, solange über den Erweiterungs- und Ergänzungsantrag der Gemeinde Reilingen nicht entschieden ist, nur in kleinen Schritten voranzukommen sein: Doch sollte zumindest der Ausbau des Parkplatzes Hockenheimer Straße 19 möglich sein. Als Maßnahme der Sanierung sind auch die Realisierung des Kindergartens und der betreuten altenfreundlichen Wohnungen zu sehen.
Auch damit wird man sicherlich im Jahr 1997 ein gutes Stück vorankommen. Die Planung für die Sanierung und Erweiterung der Friedrich-von-Schiller-Schule; die sich auf einen Erweiterungstrakt im östlichen Teil des Schulgebäudes beschränken wird, müßte planerisch und organisatorisch so vorbereitet werden können, daß - ohne den Schulbetrieb wesentlich zu stören - die finanzierbaren Abschnitte in Angriff genommen werden können.
Auch das Gewerbegebiet "Rott" dürfte. im kommenden Jahr realisierungsfähig sein.
Für das Wochenende 10. und 11. Mai 1997 sind auch wieder die 3. süddeutschen Spargeltage gemeinsam mit dem Reilinger Frühlingsfest geplant. An diesem Wochenende wird auch die Partnerschaftsbegegnung Reilingen-Jargeau hier in Reilingen stattfinden.
Bei unseren Vereinen und Organisationen steht im kommenden Jahr das 100jährige Jubiläum des Sängerbundes 1897 eV Reilingen und im Herbst das 100jährige Bestehen der Freiwilligen Feuerwehr Reilingen an. Auch der Männergesangverein 1902 e.V. kann auf 95 Jahre Bestehen zurückschauen.
Wir dürfen uns alle freuen mit den Jubelvereinen und Organisationen und dankbar sein für ihr jahrzehntelanges Wirken zum Wohle unseres Gemeinwesens. Es bleibt mir nun, wie jedes Jahr, all den Mitmenschen unter uns Trost und Mut zuzusprechen und für die Zukunft nur Gutes zu wünschen, wenn sie im ausgehenden Jahr harte Schicksalsschläge hinnehmen mussten. Ich möchte denen danken, die mit dazu beigetragen haben, dass unsere Gemeinde Reilingen eine lebens- und liebenswerte Gemeinde ist und bleibt. Besonders danken möchte ich den Damen und Herren des Gemeinderates und der Gemeindeverwaltung, aber auch allen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in kirchlichen und sozialen Organisationen sowie in den Vereinen und Verbänden, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement wie immer sehr viel für unsere lebendige Gemeinde und unser reichhaltiges Kultur- und Sportleben beigetragen haben.
Da ich bei der bevorstehenden Bürgermeisterwahl nicht wieder kandidieren werde und meine zweite Amtszeit nach insgesamt 16 Jahren am 15. Juni 1997 ausläuft, möchte ich noch einmal allen Einwohnern ein schönes Weihnachtsfest wünschen; voller Geborgenheit, weihnachtlicher Freude und besinnlicher Stunden im Kreis ihrer Angehörigen. Für das neue Jahr hoffe ich mit Ihnen, dass wir wieder in Frieden leben dürfen, uns Gesundheit geschenkt wird und Glück und Zufriedenheit in reichem Maße erhalten bleiben.
Reilingen, im Dezember 1996
Ihr
Helmut Müller
Bürgermeister
Fotos: S. v. Sagunski
Dorfgemeinschaftshaus, Heimatmuseum und historisches Gasthaus "Zum Löwen". Das traditionelle Haus, das bereits im Jahre 1435 als "Herberge" in alten Schriften erwähnt wird, ist seit dem 1. Advent wieder bewirtschaftet.
Das vom Verein Freunde Reilinger Geschichte betreute Heimatmuseum im Obergeschoß besteht seit nunmehr zehn Jahren.
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