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Ohne "gültigen Reisepass" in die Lüfte erhoben
[Online seit 02.07.2024]
Reilinger Storchennachwuchs erlebt seinen Jungfernflug
Man muss kein Vogelfreund sein, um vom schwerelosen Flug der Weißstörche, ihrem majestätischen Gleiten fasziniert zu sein. Aber der Anfang ist schwer und die scheinbare Leichtigkeit will ausgiebig trainiert sein. Das gilt auch für den Storchennachwuchs in den Kisselwiesen, dem es nach so manchen Trockenübungen gelungen ist, sich das Abc des Fliegens anzueignen. Die jüngsten, schon beeindruckenden Flugbewegungen, waren in der letzten Juniwoche bei bestem Flugwetter zu beobachten. Über das Schauspiel des Jungfernflugs berichtet „Storchenpate“ Dieter Rösch vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in seinem wahrscheinlich letzten Report zur diesjährigen Storchensaison.
„Als ich am Freitagabend in den Kisselwiesen eintraf, stand unser Jungstorch ganz allein auf dem Nest. Die beiden Altstörche kamen angeflogen, wendeten sich aber wieder in Richtung Waldrand ab, um dort auf der gemähten Wiese herum zu stolzieren. Der Nachwuchs wurde immer unruhiger und hob schließlich ab, um zwischen den beiden Elternteilen schon ziemlich elegant auf dem Boden aufzusetzen“, fasste Dieter Rösch in wenigen Sätzen das Geschehen zusammen. Zu beobachten war weiter, wie die Storchenfamilie den Abendspaziergang gemeinsam fortsetzte, die beiden Altstörche voran, der Jungvogel, das Verhalten der Eltern nachahmend, hinterher. „Der Größenunterschied ist nur noch minimal und auch der Schnabel des Jungen von der Schnabelbasis angefangen verfärbt sich langsam von schwarz nach rot“.
Im Spätsommer setzt der Vogelzug ins Winterquartier ein
Anzunehmen sei, erwartet Rösch, dass sich die gemeinsamen Ausflüge der Storchenfamilie intensivieren werden und sich ihr Radius weiter ausbreitet. Bis in ein bis zwei Monaten werde „unser Jungstorch“ fit genug sein, um sich einer Jungstorchengruppe anzuschließen und sich auf die lange Reise gen Süden zu begeben. „Für das bevorstehende Abenteuer wünschen wir ihm schon heute viel Glück“. Wohl wissend, wie hoch die Ausfallquote gerade im ersten Storchenjahr ist. Im Nachhinein sei es daher von Vorteil, wenn der Reilinger Nachwuchs als Einzelstorch die volle Aufmerksamkeit und den Schutz der Altstörche habe genießen können.
Anhand der Ringnummer feststellen zu können, wohin es unseren Jungstorch im Ausland verschlagen hat, wird in diesem Jahr nicht darstellbar sein. Wegen der ungünstigen Witterungsverhältnisse habe die Wiese rund um den Storchenhorst erst spät gemäht werden können, so Rösch. Damit sei der mögliche Zeitraum leider verstrichen, an dem eine Beringung möglich gewesen wäre. „Unser Reilinger Storchenjunges muss daher ohne „gültigen Reisepass“ ins Leben fliegen“. (jd)
Fotos: Dieter Rösch