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Eheleute Neumüller feiern Eiserne Hochzeit |
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Auf einen mehr als bewegten Lebenslauf können die Eheleute Adolf und Adele Neumüller geb. Neumüller, beide Jahrgang 1921, an ihrem 65. Hochzeitstag zurückblicken. Sie wurden in Freudental, einem kleinen deutschen Dörfchen bei Odessa am Schwarzen Meer geboren. Ihre Vorfahren waren im 18. Jahrhundert aus dem Schwabenland dorthin übergesiedelt. Nach der Schulzeit arbeiteten beide, wie dort üblich, auf einer Kolchose als Landarbeiter. Kennen und lieben gelernt haben sich die beiden bei Tanzvergnügen im Dorf. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen im August 1941 wurden die Kolchosen aufgeteilt, so dass Adolf und Adele jeweils mit ihren Eltern eine kleine Landwirtschaft betreiben konnten. Nach vierjähriger Verlobungszeit nahm die Trauung der beiden ein deutscher Militärpfarrer am 17. Oktober 1943 in Odessa vor. Das Jahr 1944 brachte für beide sowohl Freude als auch Leid mit sich. Am 6. Februar wurde Sohn Friedrich geboren, gleichzeitig musste die Familie mit dem Rückzug der deutschen Truppen ihr Hab und Gut zurücklassen und mit Pferdewagen und Güterzügen die weite Reise durch Bessarabien, durch die Karpaten und die Tschechoslowakei nach Polen in den „Warthegau“ antreten. Auch hier war ihres Bleibens nicht lange. Mit dem Näherrücken der Front begann die erneute Flucht nach Westen, diesmal bis Jüterbog und Luckenwalde in Brandenburg. Hier holte sie im Januar 1945 die Rote Armee ein und ein langer Leidensweg nahm für beide den Anfang. Als sowjetische Staatsbürger transportierte man die Familie mit anderen unter scharfer Bewachung zurück in die UDSSR in ein Sammellager im Wald in Sibirien. Hier wurde Adolf Neumüller am 5. Januar 1947 als „deutscher Faschist“ von der NKWD verhaftet und zu 15 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Die ungewohnte Arbeit in einer Kohlegrube in Workuta führte zu einem Unfall, durch den Adolf Neumüller heute noch gehbehindert ist. Auch Frau und Sohn hatten harte Jahre zu überstehen, in denen Adele als Waldarbeiterin bei karger Verpflegung und jedem Wetter schuften musste. Zwölf Jahre dauerte die Zwangsarbeit, jedoch nach neun Jahren der Trennung voneinander konnte Adolf die Freiheit wieder erlangen und zu seiner Familie in das Arbeitslager zurückkehren. Noch heute treibt es ihm die Tränen in die Augen, wenn er an die Wiedersehensfreude zurück denkt und darüber erzählt. Als Näher versorgte er die Waldarbeiter mit Kleidung und Schuhwerk. 1956, 1958 und 1960 wurden dem Ehepaar die Kinder Gustav Anna und Albert geboren. Im September 1957 löste man das Lager auf und die Familie siedelte nach Kasachstan über. Hier arbeitete Adolf als Neumüller als „Herren-Kleider-Näher“, seine Ehefrau als Putzhilfe und bauten sich eine neue Existenz mit bescheidenem Wohlstand auf. In dieser Zeit erhielt Adolf zum ersten Mal Nachricht von seinem Bruder, der in Schwäbisch Gmünd lebt. Zahllosen Gesuchen, die sich über Jahre hinstreckten, wurde endlich im August 1989 stattgegeben. Wieder ließ die Familie alles Hab und Gut zurück, diesmal, um unter Landsleuten friedlich ihren Lebensabend zu verbringen. Über verschiedene Lager und einem zweijährigen Aufenthalt in Altlußheim sind die Eheleute Neumüller nun seit Februar 1991 in unserem Ort zur Ruhe gekommen. In fünfjähriger Eigenarbeit erbaute sich Adolf mit seinem Sohn Gustav im Jargeauring 25 ein Häuschen von Blumen umgeben, wie man es in der Ukraine gewöhnt war. Drei Söhne, eine Tochter, 13 Enkel und fünf Urenkel werden zu diesem seltenen Jubiläum ihrer Vorfahren gratulieren. Auch unsere Zeitung wünscht dem Jubelpaar einen schönen Festtag und viele weitere gemeinsame Jahre im Kreis der Familie. svs/Foto: svs |
( 10.10.2008 - 08:03) |
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