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Alte Meister in der Natur zu neuer Frische geführt |
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Nein, an diesem Sonntagabend prasselte kein Unwetterregen auf Reilingen nieder. Gigantischer Applaus der rund 300 Gäste für ein äußerst gelungenes Freiluft-Konzert im Atrium des Wersauer Hofs war es. Dabei stellten Umgebung und Temperatur an die Musiker besondere Ansprüche: Die Saiten der Violen da Gamba verstimmen sich mehr als sonst, und Biergartenatmosphäre traf auf erwartungsfrohe Veranstaltungsbesucher. Eine Orchesterbühne zwischen Stallgeruch und Fliegenschwärmen? Hufgetrappel und wiehernde Pferde in akustischem Wettstreit mit Flöten und Gamben? Die Musik macht's - und zwar nicht nur möglich, sondern meisterlich. Was so bescheiden "im Rahmen des Spargelfestes" mit "Lieder rund um die Natur" betitelt wurde, entpuppte sich als spannende, vergnügliche musikalische Reise durch fünf Jahrhunderte. Mit einem erstaunlich innovativen Ansatz arrangierte Robert Sagasser ein vielseitiges Programm mit Werken von Michael Praetorius, Wolfgang Amadeus Mozart, Johannes Brahms und eher in Fachkreisen bekannten Komponisten. Das abwechslungsreiche Liedgut - interpretiert von Madrigalchor Hockenheim, seinem Kinderchor und dem Spielkreises für Alte Musik der Musikschule Hockenheim - erhielt durch choreografische Elemente eine zusätzliche Dynamik. Gelungene Inszenierung Besonders die kleinen humoristischen Wortbeiträge, im Dialog vorgetragen von Robert Sagasser und seiner Frau Martina Rothbauer, schufen einen eleganten wie amüsanten Übergang zwischen anspruchsvoller Musikliteratur und der Rubrik "Quatschlieder". Der Spielkreis für Alte Musik stimmte mit einer Komposition von Lorenzo Allegri, ein Arrangement aus "Quinto Ballo detto le Ninfe di Senna", ins musikalische Geschehen ein. Auch das letzte Gläsergeklapper schwieg, als der Madrigalchor mit drei Liedern von Hans Hassler sich die Aufmerksamkeit des gesamten Publikums ersang. Debüt des Kinderchors gelungen Sehr beschwingt und fröhlich "Nun fanget alle an" folgten diesem Beitrag zwei eher getragene Choräle: "Ich brinn und bin entzündt" sowie "Brinn und zürne nur immerfort". Unverkrampft, natürlich, mit sichtlichem Vergnügen, aber hoch konzentriert gab der Kinderchor sein Debüt mit "Das klinget so herrlich" (Mozart). Hierbei verdiente sich Fabian Rothbauer als Solist erste Sporen. Der musikalische Nachwuchs überzeugte mit einer traditionellen Überlieferung "Limu limu leinen", dem Schubidubdab in "Weil's so schön war" und einer Rap-Version von "Wer anderen eine Grube gräbt". Der französische Vogelgesang "La chant des oiseaux", die italienische Instrumentalcanzone "La Furugada" und die italienischen Tierlaute klangen sicher zu ihrer Zeit (16. Jahrhundert) sehr ungewöhnlich. Erst recht zogen sie heute das Publikum in ihren Bann. Selten dürfte sich das geschulte Ohr an Katzenjammer und Hundegebell so erfreut haben ("Contrapunto bestiale alla mente von Antonio Banchieri"). Mut zum Experiment Im Sprechstück "Personalia" (Einojuhani Rautavaara) bewies der Madrigalchor seine unglaubliche Leistungsfähigkeit und bewundernswerten Mut zum Experiment. Für diese Überraschung gab es einen extra großen Beifall. Manchem Zuhörer zuckte es in den Stimmbändern, als vierstimmig "Der Jäger längs dem Weiher ging" durch die Lüfte schallte. Gern hätte man mitgesungen. Zum stimmgewaltigen Finale mit "Bona nox" (Mozart) und "Alles schweiget" sangen die Chöre im Kanon. Unterhalt so teuer wie ein Pferd "Der Unterhalt eines Instrumentes ist genauso kostspielig wie die Haltung eines Pferdes." Mit diesem Zitat aus Paris vom Anfang des 18. Jahrhunderts, nahm Sagasser Bezug auf die Umgebung. Seiner Bitte, "wir sind zur Durchführung solcher Konzerte wie heute auf Ihre Spenden angewiesen", wurde gern entsprochen. Die Idee zur Aufführung dieses Konzerts kam von Ilona Armbruster, der zweiten Vorsitzenden des Madrigalchores. Für die "reizvolle Herausforderung", so Sagasser, "haben sich die Chöre und Spielkreis ein halbes Jahr lang vorbereitet." Ulrike van Weelden aus sZ |
( 09.06.2008 - 09:17) |
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