Ortsgeschichte |
Tag des offenen Denkmals |
Mit einem noch recht jungen, dafür aber sehr inhaltsreichen Naturdenkmal beschäftigten sich die „Freunde Reilinger Geschichte“ aus Anlass des bundesweiten „Tags des offenen Denkmals“. Weit mehr als 100 interessierte Heimat- und Naturfreunde waren am Sonntag der Einladung gefolgt, den Reilinger See einmal von verschiedenen Perspektiven und wissenschaftlichen Darstellungen aus zu betrachten. Hintergrund für dieses, für einen Baggersee in der Rheinebene wirklich besondere Interesse war die Tatsache, dass vor 25 Jahren beim Kiesabbau ein Knochenfund zu einem spektakulären und medienwirksamen Ereignis wurde. Bei den Baggerarbeiten wurde nämlich der Schädel eines Urmenschen gefunden, dessen Alter zunächst auf rund 300 000 Jahre datiert wurde. Dass dieses Alter aber nicht richtig sein könne, belegte am Sonntagnachmittag der Geologe Dr. Manfred Löscher. In der Tiefe von etwa 25 Meter unter dem Grundwasserspiegel, wo das Schädelfragment damals gefunden wurde, sei eine Erdschicht zu finden, die schwarze, fast vermoderte Eichenstämme von bis zu einem Meter Durchmesser und andere warmzeitliche Fossilien (beispielsweise von Flusspferd, Wasserbüffel, Waldelefant, sowie von warmzeitlichen Schnecken) beinhalte. Nach jetzigem Forschungsstand würde es sich hierbei um eine Ablagerung aus der letzten Warmzeit handeln, die von ca. 125 000 bis 115 000 Jahre vor heute dauerte habe. In der darüber folgenden Ablagerungen der letzten Eiszeit (bis etwa 10 000 Jahre vor heute) seien entweder keine Hölzer oder nur Nadelhölzer und kälteunempfindliche Laubhölzer wie Birke oder Weide zu finden. Daher könne heute mit großer Sicherheit davon ausgegangen werden, so Dr. Löscher, dass der inzwischen als homo reilingensis in die Wissenschaft eingegangene Ur-Reilinger höchstens bis zu 130 000 Jahr alt sein könne. Damit gehöre er aber noch immer zu den drei ältesten Menschentypen in Baden-Württemberg. Nur der Steinheim-Mensch (250 000 Jahre) und der Urmensch aus Mauer (etwa 600 000 Jahre) seien noch älter. Während die beiden Heimatforscher Philipp Bickle und Otmar A. Geiger Informationen zum Fund, zu den frühen Lebensformen und der Entstehung des Reilinger Sees durch die Baggerarbeiten wegen der Autobahnbauten parat hatten, ging der Vorsitzende des Angelsportvereins, Helmut Berlinghof, besonders auf die heutige Nutzung des Gewässers ein. Da dieser als reiner Grundwassersee weder einen natürlichen Zu- noch Ablauf habe, sei es von besonderer Bedeutung, regelmäßig Wasseruntersuchungen vorzunehmen. Der ASV käme als Pächter des fast zwölf Hektar großen und bis zu 22 Meter tiefen Sees dieser Aufgabe regelmäßig nach. Zudem würden wenigstens einmal im Jahr Taucher Bodenproben zu weiteren Untersuchungen aufnehmen. Berlinghof erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass im Bereich des heutigen Sees einst das Reilinger Schuttloch gelegen habe. Dies mache zudem eine genaue Wasseruntersuchung erforderlich, denn niemand könne mit Sicherheit sagen, was kurz vor Schließung des Müllplatzes noch so alles abgeladen worden sei. Um das Wasser nicht weiter zu belasten, habe der Angelsportverein bereits vor einigen Jahren seine Fischzuchtanlage geschlossen. Heute würde einmal im Jahr eine Besatzmaßnahme durchgeführt, und zwar von Fischen, die im Reilinger See nicht ablaichen. Ob der guten Wasserqualität sind heute Fischarten wie Aal, Hecht, Barsch, Schleie, Brachsen, Forellen sowie Spiegel- und Schuppenkarpfen im See zu finden. Außerdem sei ein außergewöhnlich guter Bestand an Krebsen, Dreikant- und Miesmuscheln vorhanden. Und die fünf Graskarpfen sorgen als natürliche „Unterwasser-Rasenmäher“ dafür, das der Bodenbewuchs im See nicht zu stark zunimmt. Da das Baden ebenso verboten sei wie das Befahren mit Booten, habe sich der Reilinger See zu einem echten Naturreservat entwickelt, in und an dem viele Tierarten leben und auch viele Pflanzensorten heimisch sind, die es sonst auf der ganzen Gemarkung nicht mehr gibt. Vom Seeufer ging es dann zum nahen Seehof, wo Diplom-Agraringenieur Peter Geng zum einen als Landwirt, zum anderen aber auch als Reilinger Gemeinderat die Geschichte des Sees und der darum entstandenen Landwirtschaft erläuterte. Und das die spätsommerliche Luft nach den vielen Vorträgen nicht noch trockener wurde, nahmen die Exkursionsteilnehmer gerne das Angebot an, einmal vom kühlen Most, aber auch von herrlich erntefrischen Äpfeln zu kosten. og |
( 14.09.2004 - 08:02) |
Viele Besucher fanden den Weg an den Baggersee | |
Reilinger Baggersee | |
Dr. Manfred Löscher mit Mamutzähnen | |
Organisator und Vortragender: Dr. Manfred Löscher und Philipp Bickle | |
© Gemeinde Reilingen 2004