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„Hardtwald ist chronisch kranker Patient“ |
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Die Sonne wärmt den Wald, mit einzelnen, schräg einfallenden Lichtstrahlen, die sich mühsam durch das Astwerk der Bäume quälen. Weich wirkt das Licht, das den Wald in eine hell-dunkel schraffierte Fläche einteilt. Ein Spätsommertag Anfang September. Die infolge des Regens im August rasch emporgeschossene Bodenvegetation sieht saftig aus: Gras, Kräuter, Brennnessel und Sträucher sorgen neben dem dunkleren Grün und Braun von Blättern und Baumstämmen für leuchtende, grüne Farbtupfer. Die Schwetzinger Hardt im Bereich Sternallee: auf den ersten Blick eine Idylle. Zwei Autos mit HD-Kennzeichen erreichen den Parkplatz am Hirschgehege, zwei Männer in Forstbekleidung, schwarzen Outdoor-Hosen und festen Schuhen, in hellgrünen Hemden mit dem Logo der Forstverwaltung und dem Landeswappen am Ärmel, steigen aus. Von steifer Dienstkleidung keine Spur, sie wirken leger. Ihre Gesichter haben eine frische Farbe, man sieht, dass sie sich oft draußen in der freien Natur bewegen. Hobby zum Beruf gemacht Sebastian Eick, Leiter des Forstbezirks Rheintal des Rhein-Neckar-Kreises, und Gerd Volkland, Leiter des Forstreviers Schwetzingen/Oftersheim, haben ihr Hobby zum Beruf gemacht. Das Wohl des Waldes ist ihr tägliches Anliegen. Von Waldeinsamkeit ist in der Schwetzinger Hardt keine Spur. Radfahrer nutzen die Gunst des sonnigen Wetters und treten kräftig in die Pedale, Jogger laufen schwitzend ihre Runden und auch einige Spaziergänger hat es hinaus in den Wald gezogen. Ein Hirsch mit imposantem Geweih kommt ganz nah an den Zaun seines Geheges heran, bleibt stehen und schaut unbeirrt nach draußen. Angst vor Menschen scheint er nicht zu haben. Erholung für Mensch und Tier Der Wald, ein Erholungsraum für Mensch und Tier, ein intaktes Ökosystem? Vordergründig ja, doch wer hinter die Fassade blickt, sieht auch die Probleme. Sebastian Eick steht vor einer 60 Jahre alten Roteiche, die diesen Winter wohl gefällt werden muss. Ein trauriges Bild: Die Baumkrone ist fast kahl, die wenigen Blätter braun und trocken wie Herbstlaub. „Das ist eine Auswirkung der großen Julihitze. Die Bäume hier im Wald sind nach den deutlichen Grundwasserabsenkungen der letzten Jahrzehnte ausschließlich auf das Niederschlagswasser angewiesen“. Weniger Niederschläge Obwohl die Niederschlagsmenge im August beachtlich gewesen sei, habe sie den großen, alten Bäumen mit tief in der Erde liegenden Wurzeln nicht mehr helfen können. „Es fällt eben im allgemeinen zu wenig Niederschlag: Von Anfang 2003 bis heute fehlt die Niederschlagsmenge eines halben Jahres. Wegen dieses Mangels sind viele Bäume dürr geworden und abgestorben,“ beschreibt Sebastian Eick die Situation. Dazu kämen die Sandböden in den Hardtwäldern, die das Wasser kaum halten könnten. Dabei sei der Boden in der Sternallee noch leicht lehmhaltig, da hier in Vorzeiten ein Neckararm entlang geführt habe. Ein Regenmonat wie der August habe da nur bedingt helfen können. Erholt hätten sich aber immerhin die jungen Pflanzen und die Bodenvegetation. Außerdem habe die im Juli akute Waldbrandgefahr eingedämmt werden können. „Ein Problem von Hitze und Trockenheit ist auch das vermehrte Aufkommen von Schädlingen, vor allem Borkenkäfern, Blatt oder Nadel fressenden Raupen oder Misteln in den Kiefern“, ergänzt Gerd Volkland. Zwar sei der Insektenfraß durch den kühlen, verregneten August deutlich abgeschwächt worden. Aber bei den Borkenkäferlarven, die unbemerkt unter der Rinde ihre Fraßgänge anlegten, führten die jetzt warmen Spätsommertage zur weiteren Vermehrung und zum Absterben vieler befallener Bäume. Immer mehr Bäume sterben Besonders zu bedauern sind die Trockenschäden bei einer deutschen Eiche, die um die stolze 300 Jahre alt ist. Bizarr ragen ihre kahlen, gewaltigen Äste in den Sommerhimmel. Von einem Ast, der bereits dem Sturm zum Opfer fiel, ist nur noch ein spitz gezackter Rumpf zurückgeblieben. „Seit dem Jahrhundertsommer 2003 sterben mehr und mehr Bäume. Der Hardtwald ist ein chronisch kranker Patient, der wohl nie mehr ganz gesund werden wird“, meint Sebastian Eick. Dass die Erholungssuchenden im Wald die Schäden in ihrem ganzen Ausmaß gar nicht wahrnehmen können, liege an den häufigen Aufräum- und Fällarbeiten. Künftig Pinien statt Eichen? Was aber kann gegen das Absterben der Bäume getan werden? „Durch Naturverjüngung und Pflanzung streben wir einen laubholzreichen und artenreichen Mischwald an, denn Wälder, in denen nur eine Baumart vorherrscht, sind immer anfälliger. Eine gezielte Stabilisierung der vitalsten Bäume ist zudem hilfreich,“ so Eick. Regelmäßiges Durchforsten und häufige Kontrollgänge gehören in der Forstwirtschaft längst zum Alltag. Natürlich verbindet man damit auch die Hoffnung, dass sich der junge Wald auf die veränderten klimatischen Verhältnisse einstellt. Was die Zukunft jedoch bringt, wie sehr sich das Problem von Hitze, Trockenheit, Überschwemmungs- und Sturmkatastrophen weiter verschärfen wird, weiß niemand. „Vielleicht werden wir irgendwann mediterrane Baumarten anbauen müssen, die auf mehrere Sommerwochen mit 35 Grad eingestellt sind“, mutmaßt Gerd Volkland. Statt heimischer Waldkiefer und deutscher Eiche also Korsische Schwarzkiefer, Pinie, Korkeiche und Steineiche in der Schwetzinger Hardt? Für manche sicher ein gewöhnungsbedürftiger Gedanke. Elke Seiler aus SZ |
( 18.09.2006 - 14:24) |
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