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"Schreibtischtäter" halten Spargelbauern nicht bei Stange |
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Ohne Erntehelfer geht es nicht bei der Spargelernte. Ausländische Erntehelfer sind seit Jahren auch in Reilingen eine Selbstverständlichkeit. Diplom-Landwirt Peter Geng ist froh, schon seit fast zwei Jahrzehnten ein Stammteam aus Polen zu haben. Mirek aus Polen ist so etwas wie der "Abteilungsleiter" im Spegelernteteam. Er stellt bereits im Dezember in Polen die Mitarbeiter zusammen, viele sind seit Jahren regelmäßig in Reilingen dabei. "Es ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich auch menschlich gut verstehen, denn schließlich arbeitet man ja wochenlang zusammen", meint Peter Geng und blickt auf gute Erfahrungen zurück. In festen Unterkünften in den Wohnräumen des Betriebs und in einem nagelneuen Wohncontainer fühlen sich die Erntemitarbeiter wohl. "Das sind richtige Wohnungen, die sind geräumiger als manche Studentenbude", weiß der Diplom-Landwirt, dem es am Herzen liegt, dass sich seine polnischen Mitarbeiter, deren Engagement er lobt und schätzt, auch wohl fühlen können. Recht kritisch sieht Geng die "Eckpunktregelung" vom vergangenen Jahr, die besagt, dass Landwirte, vereinfacht ausgedrückt, nur noch 80 Prozent ihrer Erntehelfer aus Polen, Ungarn oder anderen Ländern rekrutieren dürfen. Die übrigen Saisonarbeitskräfte sollten nach dieser im vergangenen Jahr verabschiedeten Regelung aus der Gruppe der Arbeitslosen in Deutschland kommen. Wer sich dafür interessiert, wie diese Pläne realisiert werden konnten, wird wohl nicht so leicht fündig werden. In der Stellenpools für Erntehelfer bei der Bundesagentur für Arbeit waren 2006 zwar etwa 40 000 deutsche Arbeitslose registriert, die für die Erntehilfe prinzipiell in Frage gekommen wären. Die Agentur hat aber angeblich keine Zahlen darüber, wie viele von ihnen tatsächlich im Einsatz waren. Man habe kein besonderes Kennzeichen in den Statistiken für die Saisonarbeit, heißt es lapidar. Es gelte die grundsätzliche Regelung, dass Hartz-IV-Empfängr bei Ablehnung einer zumutbaren Arbeit mit Leistungskürzungen rechnen müssten. Der Deutsche Bauernverband hatte im Jahre 2006 eine Umfrage gemacht, die ergab, dass nur ein Zehntel der Arbeitslosen, die als Erntehelfer in Frage gekommen wären und im entsprechenden Stellenpool aufgeführt waren, tatsächlich bis zum Ende der Erntesaison dabei geblieben sind. Konsequente Berechnungen haben auch ergeben, dass der Einsatz als Erntehelfer kein wirklich wirksames Mittel ist, die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu senken. Selbst wenn ausnahmslos alle Arbeitslose, die im Stellenpool der Arbeitsagentur registriert sind, volle sechs Wochen im Einsatz wären, wäre auf das ganze Jahr hochgerechnet, die Arbeitslosenzahl von derzeit etwa 4,1 Millionen lediglich um 5000 gesenkt. Auch Peter Geng, selbst als Kommunalpolitiker am Reilinger Ratstisch sitzend, kann manche politische Entscheidung in diesen Bereichen nicht nachvollziehen. Er hat ebenfalls entsprechende Erfahrungen gemacht. Es laufe eben in der Praxis so nicht, wie man sich das an den Schreibtischen vorstelle, gibt er zu bedenken. Seitens der Politik gäbe es keine neuen Ideen, man krame stets nur in der "uralten Klamottenkiste". Für die Polen - und sie stellen etwa 80 Prozent aller Erntehelfer, Rumänen folgen mit etwa 15 Prozent - ist die Arbeit hier nach wie vor attraktiv, auch wenn ihr Heimatland Polen seit zwei Jahren der Europäischen Union angehört. Das heißt, für diejenigen Polen, die in ihrer Heimat sozialabgabepflichtig sind, gilt diese Sozialabgabepflicht auch für ihren Erntehelfereinsatz in Deutschland. Dies läuft über eine zentrale Stelle in Polen. Dorthin fließen diese Sozialbeiträge aus Deutschland. Man kann sich leicht vorstellen, dass es sich um ein recht umständliches und damit auch arbeitsintensives Verfahren handelt. Viele Maßnahmen hat Diplom-Landwirt Peter Geng ergriffen, um den Arbeitsanfall auf dem Hof, den er vor zehn Jahren übernommen hat, zu minieren. Beispielsweise schaffte er vor zwei Jahren neue vollautomatische Sortiermaschinen an. Arbeitsintensiv ist das ganze "Spargelgeschäft" aber nach wie vor, und nur ein gut eingespieltes Team, vom Spargelstechen auf dem Acker bis zur eigenen Vermarktung oder der zügigen Lieferung zum Erzeugergroßmarkt in Heidelberg, kann Garant dafür sein, dass der Spargel frisch zum Verbraucher kommt. So frisch, dass er noch "quietscht", wenn man die abgeschnittenen Enden aneinander reibt. Franz A. Bankuti aus SZ, Foto svs |
( 21.05.2007 - 13:03) |
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