Öffentliche Gemeinderatssitzung am 19.04.2004

Umfangreich war die Tagesordnung, die der Gemeinderat auf seiner jüngsten Sitzung am Montag, 19. April 2004 zu bewältigen hatte. Rund 2 ½ Stunden nahmen 15 Tagesordnungspunkte in Anspruch, die teils lebhaft mit Beiträgen von allen Ratsfraktionen diskutiert wurden. Sehr gut besetzt waren auch die Besucherplätze. Darunter fand sich auch der eine oder andere Kandidat für die bevorstehenden Kommunalwahlen, der sich ein praxisorientiertes Bild von der Ratsarbeit machen konnte.


Hochwasserschutz darf nicht vernachlässigt werden

Landesweit wird gegenwärtig die Gewässersituation erfasst und ein Gewässerentwicklungsplan erarbeitet. Das Ergebnis einer schon 1999 in Auftrag gegebenen Flussgebietsuntersuchung für den Kraichbach und Kriegbach stellten auf der jüngsten Gemeinderatssitzung Dr. Hans Göppert vom beauftragten Büro Wald und Corbe aus Hügelsheim sowie Walter Martin von der Gewässerdirektion Heidelberg vor.

Dr. Göppert führte eingangs aus, dass zur Verbesserung des Hochwasserschutzes in den letzten Jahren an verschiedenen Stellen Polder und Hochwasserrückhaltebecken am Kraichbachoberlauf, beispielsweise in Bad Schönborn, gebaut wurden. Von diesen Rückhaltungen profitiert im besonderen Reilingen. Ohne derartige Einrichtungen würde bei einem 100jährigen Hochwasser der Kraichbachabfluss zu großräumigen Überschwemmungen führen. Dies verdeutlichte Dr. Hans Göppert mit ausdrucksstarken Zahlen und Messwerten bei der Ratssitzung. Im Kraichbachunterlauf, also in unserer Region, werden die Hochwasserabflüsse sehr stark von den Zuflüssen aus den Ortsentwässerungen und Nebengewässern bestimmt. Hochwasserschutzmaßnahmen sollten daher nach Meinung der Gewässerexperten die künftige Bebauung berücksichtigen, da weitere Zersiegelung abflussversschärfend wirke. Weitere Baugebiete haben mittel- bis langfristig einen Anstieg der Hochwassergefahr zur Folge. Diese Entwicklung könne sich, so Dr. Göppert, negativ auf die dem Kraichbach unmittelbar angrenzenden Baugebiete "Herten" und "Mühlweg" auswirken. Bei Überschwemmungen könnte sogar linksseitig die Bebauung der Hockenheimer Straße gefährdet sein.

Die Gutachter schlagen zur Entlastung vor, zwischen Unteröwisheim und Ubstadt-Weiher einen weiteren Polder einzurichten. Einer Kosten-Nutzenbetrachtung nicht standgehalten hat der Vorschlag, ein Hochwasserrückhaltebecken im Bereich der Reilinger Kisselwiesen anzulegen. Stattdessen soll ein lokaler Hochwasserschutz wesentlich einfacher und kostengünstiger gewährleistet werden können. Die Referenten halten eine Schutzmauer bis maximal 80 cm für ausreichend.

Im erstellten Gewässerentwicklungsplan mussten Kraichbach und Kehrgraben als stark und übermäßig geschädigt eingestuft werden. Für die genannten Gewässer werden Entwicklungsziele konkret definiert und Einzelmaßnahmen aufgezeigt. Schwerpunkt soll die Herstellung einer naturnäheren Gewässermorphologie wie auch einer Ufer- und Auenvegetation sein. Neben einer Sicherung der Gewässerrandstreifen und der Anlage gewässernaher Gehölzbestände wird u.a. vorgeschlagen, auf eine gewässernahe Bebauung zu verzichten und das linksseitige Grabensystem der Kisselwiesen zu reaktivieren. Angedacht ist auch eine Aufweitung des Gewässerbettes von Kraichbach und Kriegbach wie die Anlage von Laufschlingen.

Die Fachberater traten dafür ein, dass die geplanten Schutzmaßnahmen in den Bereichen "Mühlweg" und "Herten" umgesetzt werden. Von ihrer Schutzwirkung könnten auch angrenzende Baugebiete wie beispielweise in der "Fröschau/Wörsch" profitieren. Im Gegensatz zur Nachbarstadt Hockenheim würden in Reilingen nur sehr begrenzte Maßnahmen zum Hochwasserschutz notwendig werden, die gemeinsam mit den betroffenen Anwohnern zu entwickeln seien.

Über weitere Schritte wird nach Vorlage einer Prioritätenliste zu diskutieren und zu entscheiden sein. Für konkrete Schutzmaßnahmen an Gewässern 1. Ordnung ist die Gewässerdirektion verantwortlich. Bei notwendigen Umgestaltungsmaßnahmen übernimmt die Gewässerdirektion 70 % der Kosten, 30 % gehen zu Lasten der betroffenen Gemeinde.

Fragen aus dem Gemeinderat befassten sich mit der möglichen Gefährdung des Neubaugebietes "Fröschau/Wörsch", den Wechselwirkungen von Grundwasserstand und Jahrhunderthochwasser, wie auch mit möglichen Ersatzansprüchen (BLR). Thema war ferner das einzuschätzende Gefährdungspotential und die Höhe der notwendigen Investitionen (FWV). Angesprochen wurde der Einfluss auf bauliche Entwicklungen im Schlossmühlenbereich, die Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen wie auch die unterschiedliche Gewichtung von Renaturierungs- und technischen Maßnahmen (SPD). Beantwortet wurden schließlich Fragen zur Finanzierung, der Beteiligung von Fachbehörden am Bauleitplanverfahren und gesetzliche Vorgaben zum Hochwasserschutz (CDU).


Bebauungsplanentwurf für den 1. Abschnitt des Planbereichs "Fröschau/Wörsch" fortgeschrieben

Ausführlich beschäftigte sich der Gemeinderat unter der Leitung von Bürgermeister-Stellvertreter Richard Eichhorn - Bürgermeister Walter Klein und der 1. Stellvertreter Bernhard Krämer waren bei diesem Tagesordnungspunkt wegen Befangenheit ausgeschlossen - mit dem Bebauungsplanentwurf "Fröschau/Wörsch",1. Abschnitt, 1. Änderung und Erweiterung nebst örtlichen Bauvorschriften zum Bebauungsplan. Zu prüfen und abzuwägen waren im besonderen die eingegangenen Stellungnahmen diverser Träger öffentlicher Belange sowie die Anregungen aus der Offenlage des Planentwurfs.

Neben rein redaktionellen Änderungen wurden dabei auch Grundzüge der Planung, beispielsweise durch bedarfsgerecht angepasste Verkehrsflächen berührt. Deshalb ist eine neuerliche Offenlage des fortgeschriebenen Planentwurfs mit paralleler Beteiligung der Träger öffentlicher Belange erforderlich.

Detailliert wurde über elf Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange informiert, teilweise diskutiert und schließlich im Einzelnen abgestimmt. Dipl.-Ing. Wolfgang Strey vom Planungsbüro WSW & Partner erläuterte dabei die Details. Beratungsgegenstand waren auch die Stellungnahmen von fünf Grundstückseigentümern, deren Anliegen großteils im nachfolgenden Umlegungsverfahren relevant werden. Hier wird auch zu prüfen sein, inwieweit zur Sicherung der landwirtschaftlichen Betriebe so genannte Grunddienstbarkeiten notwendig werden.

Der fortgeschriebene Bebauungsplanentwurf wurde schließlich bei lediglich einer Gegenstimme angenommen. Die Verwaltung wird entsprechend der Verfahrensvorschriften des Baugesetzbuches die erneute Planoffenlage durchführen.


Bauvorschriften für Plangebiet "Reilinger Holzrott", 4. Abschnitt geändert

Wesentlich einfacher gestaltete sich die vorzunehmende Bebauungsplanänderung im Reilinger Holzrott". Der fortgeschriebene "Planentwurf für den 4. Teilabschnitt des Plangebietes war vom 02. Februar bis 02. März diesen Jahres zur Einsicht ausgelegen. Lediglich ein beteiligter Träger öffentlicher Belange bzw. Grundstückseigentümer hatte entsprechende Anregungen vorzubringen. Die sich dadurch ergebenden Veränderungen berühren die Grundzüge der Planung nicht. Dem Gemeinderat war es damit möglich, den Bebauungsplanentwurf formell als Satzung zu beschließen. Er wird mit seiner ortsüblichen Bekanntgabe im Amtsblatt "Reilinger Nachrichten" rechtskräftig.


Staatswald "Lußhard" in Europäischer Naturschutzkonzeption aufgenommen

Zustimmung im Gemeinderat fand auch der Nachmeldevorschlag für die Europäische Naturschutzkonzeption NATURA 2000. Es handelt sich dabei um ein Netz von Schutzgebieten zur Erhaltung europäisch bedeutsamer Lebensräume sowie seltener Tier- und Pflanzenarten. Das Schutzgebietsnetz wurde von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union 1992 beschlossen, um die biologische Vielfalt in Europa für kommende Generationen zu bewahren. Rechtliche Grundlage dieses grenzüberschreitenden Naturschutznetzwerkes bilden die Vogelschutz- und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union.

Im März 2001 hatte das Land Baden-Württemberg der Europäischen Kommission 73 Vogelschutz und 363 FFH-Gebiete, darunter der Schonwald im "Reilinger Eck" gemeldet. Experten der EU haben mittlerweile bei ihrer Bewertung Lücken im Schutzgebietssystem festgestellt. In Baden-Württemberg sind daher für 35 Lebensraumtypen und 36 Tier- und Pflanzenarten der FFH-Richtlinie Gebiete zu ergänzen, zu überprüfen und nachzumelden. Auch der Europäische Gerichtshof hat eine Optimierung angemahnt.

Die von den Fachbehörden des Landes erarbeiteten Nachmeldevorschläge umfassen auf Reilinger Gemarkung den Staatswald Lußhardt. Hier geht es insbesondere um den Schutz der Restbestände des Auenwaldes. Ferner enthalten ist der Kraichbach zwischen St. Leon-Rot und Hockenheim. Dort gilt es, den Lebensraum einer seltenen Libellenart zu schützen. Da der Wald im Reilinger Gemarkungsbereich seither schon als Wasserschutzgebiet ausgewiesen ist, sind durch die zu erwartende Schutzgebietsfunktion keine weiteren Einschränkungen zu erwarten.


Schulhof kann umgestaltet werden

Mit den anstehenden Erd-, Asphalt-, Pflaster- und Mauerarbeiten zur Umgestaltung des Schulhofes der Friedrich-von-Schiller-Schule beauftragte der Gemeinderat die Sandhausener Firma Walter Sailer. Sie hatte das wirtschaftlichste Angebot in Höhe von rund 292.000 Euro abgegeben. An der öffentlichen Ausschreibung waren insgesamt neun Unternehmen beteiligt. Die geprüften Submissionsergebnisse bewegten sich zwischen 292.000 und 375.000 Euro.
Das Nebenangebot eines Mitbieters, dessen Pflasterbelag vom Gemeinderat ebenfalls begutachtet worden war, konnte nicht berücksichtigt werden, zumal dieses Unternehmen nicht die rechtlichen Voraussetzungen zur Durchführung derartiger Arbeiten besitzt, wie Dipl.-Ing. Dagmar Wetz vom beauftragten Planungsbüro WSW & Partner ausführte. Der Vorschlag von Gemeinderat Karl Dagenbach, deshalb erneut auszuschreiben, fand bei den übrigen Ratsmitgliedern keine Zustimmung.


Feuerwehrgerätehaus erhält Aufzugsanlage

Um Bauangelegenheiten ging es auch beim Feuerwehrgerätehaus. Hier erhielt die Ludwigsburger Firma Kone GmbH den Zuschlag zur Lieferung und Einbau einer Aufzugsanlage. Sie hatte das wirtschaftlichste Angebot in Höhe von rund 40.000 Euro abgegeben. Im Auftrag enthalten ist eine einjährige Wartung. Bei der Auftragsvergabe war lediglich eine Gegenstimme von FDP-Gemeinderat Peter Schell zu verzeichnen ("Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit des Aufzuges ist nicht bewiesen, das Geld könne man besser für das Löschwesen und das ehrenamtliche Engagement verwenden").

Der Auftragnehmer war unter sieben Mitbewerbern ausgewählt worden. Die Submissionsergebnisse bewegten sich zwischen 37.500 und 71.000 Euro.


Kanalsanierung in der Mozart- und Gartenstraße

Unkompliziert war die Vergabe der Inliner- und Roboterarbeiten zur Kanalsanierung in der Mozart- und Gartenstraße. Diese Arbeiten wird die Mannheimer Firma TST Kanalsanierung GmbH zum Preis von 3.666 Euro ausführen. An der beschränkten Ausschreibung waren sechs Unternehmen beteiligt.


Vorschlagsliste der Schöffen

Einstimmig fiel das Votum des Gemeinderates bei der Wahl der Schöffen für die Geschäftsjahre 2005 bis 2008 aus. Die Amtszeit der für die Geschäftsjahre 2001 bis 2004 gewählten Schöffen und Jugendschöffen endet am 31. Dezember diesen Jahres. Nach den Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes hat die Gemeinde dem zuständigen Amtsgericht insgesamt neun Personen für die Schöffenwahl zu benennen. Vorgeschlagen werden Claudia Dietrich, Wolfgang Kalka, Rudi Askani, Hans Zöller, Jens Kilian, Ingrid Großhans, Kürgen Katzenberger, Heinrich Dorn und Harald Hör. Dem Kreisjugendamt wurden Ingrid Krämer, Peter Schell, Gabriele Feth-Biedermann, Dieter Rösch und Gerhard Wendlik für die Besetzung der Jugendschöffengerichte und Jugendkammern vorgeschlagen.


Neuer Veranstaltungsraum für Schule und Vereine

Im erweiterten Grundschulgebäude der Schiller-Schule steht nach Abschluss der Baumaßnahmen ein Mehrzweckraum mit einer Nutzfläche von rund 140 qm zur Verfügung. Er ist über eine Fluchttreppe an der Außenseite des Gebäudes zugänglich, ohne das Schulhaus selbst betreten zu müssen. Kochgelegenheit, Spüle und Kühlschrank sind vorhanden, andere feste Einbauten grundsätzlich nicht erlaubt.

Wie der Gemeinderat bereits im Vorjahr beschlossen hat, soll dieser Raum von örtlichen Vereinen, der Volkshochschule mit Sing- und Musikschule und der Schiller-Schule selbst genutzt werden können.
Die Musikfreunde Reilingen haben den Raum bereits beansprucht, weitere Anträge zur Nutzung liegen der Verwaltung vor.

Im Gemeinderat ging es nunmehr um den Erlass entsprechender Richtlinien, mit der die Raumnutzung zu regeln sein wird. Die Wortbeiträge zum Verwaltungsentwurf befassten sich vorwiegend mit den vorgeschlagenen Nutzungsgebühren. Nach lebhaften Wortbeiträgen aus allen Fraktionen einigte man sich auf einen für alle tragbaren Kompromiss. In Artikel 11 der Richtlinien ist jetzt festgehalten, dass für eine Veranstaltung bis zu drei Stunden mit Küchenbenutzung 10,00 Euro je volle Stunde festgesetzt werden. Wird die Küche nicht benutzt, halbieren sich die Kosten auf 5,00 Euro je volle Stunde. Je Veranstaltungstag (länger als drei Stunden am Tag) sind pauschal 30,00 Euro zu zahlen. Bei regelmäßiger Nutzung des Veranstaltungsraumes werden monatlich 50,00 Euro in Rechnung gestellt.

 

 

Gemeindeanwesen dient weiterhin als Übergangswohnheim

Einverstanden war der Gemeinderat auch mit der Verlängerung eines mit dem Land Baden-Württemberg abgeschlossenen Mietvertrages für das Gemeindeanwesen Alter Rottweg 5 bis 7. Es soll auf ein weiteres Jahr teilweise als Übergangswohnheim genutzt werden. Der Gemeinde fließen damit jährlich zugesicherte Mieteinnahmen von über 50.000 Euro zu.


Anfragen an die Verwaltung

Bunt gemischt war das Spektrum der Anfragen aus dem Kreis der Besucher und dem Gemeinderat. Angesprochen wurde die Auswahl des Pflasterbelages für den Schulhof der Schiller-Schule. Gesprächsthema waren der Bürgerpark, der Nachtwaidgraben, Straßenschäden bis hin zu Hunde-WC.